Oderhochwasser: drei Polder geflutet

Am 28. Mai 2010 wurden, wie beim sogenannten „Jahrhunderthochwasser„ im Juli 1997, Polder im Nationalpark Unteres Odertal geflutet, um Deiche vom Druck der Wassermassen zu entlasten. 4500 Hektar Polderwiesen nahmen 85 Kubikmeter Wasser auf. Eine Hilfe für das flussabwärts liegende Stettin und ein Schutz für das Oderbruch bei einem befürchteten Rückstau.

In den Wochen vor der Flutung zählten Ornithologen im jetzt überschwemmten Schwedter Polder zwischen 400 und 600 Weißflügel-Seeschwalben, die nahe der Kormorankolonie auf Grasbüscheln in den leicht überschwemmten Wiesen ihre Brut begonnen hatten. Einige Tage vor der Flutung hatte ich an einem häufig genutzten Nistplatz ein halbes Dutzend der seltenen Schwarzhalstaucher mit ihren Jungen bei der Fütterungszeremonie beobachtet. Einer der Brutpartner hatte in der Mitte des schmalen Sees die drei, vier und in einem Falle fünf Jungen um sich versammelt, der andere erntete in Ufernähe zarte Wasserpflanzen. Mit der Nahrung im Schnabel schoss er dann wie ein Pfeil zu der wartenden Gesellschaft.

Mit der Flutung endeten die Brutversuche der Seeschwalben. Für Trauerseeschwalben hatten Naturwächter und NABU an traditionellen Brutplätzen schwimmende Nistinseln neu befestigt, damit ein stark steigendender Wasserspiegel das Gelege nicht gefährden würde. Nach der Flutung sah ich einige der Schwarzhalstaucherpaare mit ihren Jungen nach der Flutung beim gleichen Spiel: warten, ernten, losschießen, füttern. Ihnen konnte das bisschen Wasser mehr wenig ausmachen. Die Lachmöwen hatten sich mit ihren Jungen auf einige der wenigen trockenen Stellen am Polderrand gerettet.

Die gefluteten Polder zwischen Teerofen und dem Querdeich von Stützkow fotografierte ich Anfang Juni von Zaton Dolna auf der anderen Oderseite aus: statt weite Wiesen mit Büschen und Bäumen durchsetzte Wasserflächen. Der Oderdeich wirkte in dem Wassermeer wie ein schmaler Strich. Irgendwann, so ist zu hoffen, wird die Oder im Nationalpark sich so bewegen dürfen, wie es sich für einen Fluss an einem solchen Platz gehört: Frei von regulierenden Schleusen, befreit von teuren Pumpsystemen, die im Frühjahr auch noch den letzten Tropfen Wasser aus den Wiesen herausholten. Und wenn dann die Oder wieder einmal im Abstand von 10, 15 Jahren zuviel Wasser führen sollte, dann könnte sie sich von allein ihren Weg suchen. Diesmal musste ein Ministerpräsident aushelfen: Die Schleusen für den Fluss öffnete Matthias Platzeck, der Deichgraf von 1997.