Singschwanbrut in Stradow

Das erste Foto des Singschwan-Weibchens 6R01 machte ich im Juni 2001. Die junge Dame schwamm noch unberingt mit ihren fünf Geschwistern und dem Elternpaar auf einem der Stradower Teiche. Ihr Partner 5R18 war schon ein Jahr zuvor auf den Teichen gemeinsam mit vier anderen Jungschwänen geschlüpft. Getroffen haben sich die beiden irgendwo am Bodensee, im Bodenseekreis auf der deutschen Seite oder im Ermatinger Becken in der Schweiz.

Nach den Listen des Singschwanbetreuers Axel Degen, Diplom-Biologe aus Osnabrück, sind die beiden seit 2003 gemeinsam unterwegs. Als erfolgreiches Brutpaar traf ich sie erstmals 2007 in Stradow. Singschwäne werden mit vier bis fünf Jahren geschlechtsreif. Seitdem kamen sie in jedem Jahr zur Brut in den Spreewald zurück. Das Männchen 5R18 hatte Ende August 2005 auf einem Stoppelfeld bei Stradow seinen gelben Halsring verloren, seine Partnerin auf dem selben Feld den Metallring der Vogelwarte Hiddensee. Im April 2009 erlebte ich die beiden bei einer Kopulation; bisher selten fotografiert. Ein Höhepunkt für alle drei Beteiligten.

Das Paar zog häufig mit dem Weibchen 2R91 und deren unberingten Partner zwischen Bodensee und den Stradower Teichen hin und her. Im März 2011 kamen auch sie wieder zur Brut zurück. Das Weibchen, in den Teichen im Jahr 1999 geschlüpft, brütete nur ein Ei aus. Im Juni zeigte sie, so der Stradower Fischer, deutliche Anzeichen von Schwäche und verendete nach einigen Tagen. Mit zwölf Jahren erreichte sie ein Alter, das auf einen natürlichen Tod schließen lässt. Ihr Partner betreute den Jungvogel weiter. Ich fotografierte sie Anfang Juli auf dem Teich mit der Insel, auf der das Paar gebrütet hatte.

Für die Stradower Gewächse 6R01 und 5R18 war das Brutjahr 2011 sehr erfolgreich. Ich sah die Schwänin auf dem hochgebauten Nest bei der Brut. Ihr Partner patrouillierte im mal engen, mal weiten Halbkreis vor dem Schilfgürtel. So gehört es sich für achtsame Singschwanväter.

Mit den vier Jungen erlebte ich sie noch einmal Anfang Juli in einer ungewöhnlichen Situation. Die Familie war an diesem Morgen in den Nachbarteich umgezogen, auf dem Höckerschwäne mit ihren dort ausgebrüteten fünf Jungen unterwegs waren. Ihr Nest befand sich am äußersten Rand versteckt im Schilf. Offenbar fühlte sich der Höckerschwan auf seinem Teich zur Verteidigung des Territoriums und seiner Familie verpflichtet. Mit aufgestelltem Gefieder schoss er immer wieder auf 5R18 los, drehte aber jedes mal vor einer ernsthaften Konfrontation ab.

Bei einigen dieser Scheinangriffe beteiligte sich 6R01 an der Abwehr.

Die Jungen schauten zunehmend mutiger zu. Bei den ersten „Angriffen“ des Höckerschwans hatten sie sich noch ins Schilf zurückgezogen.

Ein erfreuliches Fazit nach zwei Generationen Singschwan im nun gemeinsamen Schwanenland Deutschland: Es könnte durchaus sein, dass sich die Verwandten aneinander gewöhnen . . .